2te Mannschaft » TSV Süderbrarup II

Süderbrarup zwei gegen Meggerdorf zwei. Eine Begegnung der so genannten Reserve-Teams. Bei so einer Paarung sprechen die Experten gerne von einem Richtungweisenden Duell. Denn mit jeweils sieben Punkten sind sie in der Tabelle direkte Nachbarn. Vor dem Spiel. Mit leichten Vorteilen für Süder. Die Gastgeber haben mit 11:11 ein ausgeglichenes Torverhältnis. Man sollte sich allerdings darüber im Klaren sein, dass, wenn von einem „ausgeglichenen Torverhältnis“ die Rede ist, es irgendwo im Mannschaftsgefüge nicht stimmt. Die Formulierung „ausgeglichenes Torverhältnis“ also nichts anderes heißt als „Scheiße, was ist denn los?“ Im Sturm? In der Abwehr? Im Mittelfeld? Denn – entweder die Angreifer schießen zu wenig Tore (was sie, außer bei neuen Rekordmarken eigentlich immer tun), oder die Abwehr ist zu löchrig (was mancher Fußballer bereits beim ersten Gegentor vermutet, viele Zuschauer dann aber schon als gesichertes Expertenwissen verbal verbreiten). Im Bedarfsfall schieben beide Reihen die Schuld nach vorn bzw. hinten – ins Mittelfeld („Ihr müsst mehr laufen, arbeiten!“). Aber egal wie - 11 zu 11 geht nicht. Beim besten Willen nicht. Man! 11 zu 11 ist der Beweis für die berechtigte Zugehörigkeit zur Reserve. Und das kann eigentlich nicht des Ergeiz’ höchster Punkt sein. Oder? Es muss sich also etwas tun. Wo auch immer.
Aber – nach dem sensationellen Punktgewinn vom letzten Spieltag ist das jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für eine Mannschafts-Schelte. Zumal der Gast mit einem negativen Torverhältnis anreist – 8:10. Minus zwo. Wie gesagt – leichte Vorteile für Süder. Auf dem Papier.

Soviel zur Ausgangs-Situation.

Bei idealen äußeren Bedingungen war kurz nach Mittag alles angerichtet für ein unterhaltsames Fußballspiel. Und es sollte schmecken. Zumindest den Süderanern (!). Meggerdorf dürfte nach den 90 Spielminuten allerdings gehörig der Appetit vergangen sein. Auf Fußball, das eigene Können und auf Süderbrarup. Nein – auf Süderbrarup zwei! Klar, glasklar, zu klar - war das Ergebnis am Ende. 5:1. Für Süder. SUPER. Richtungweisend. Wer es sich nicht verkneifen kann, der darf jetzt sagen – „Geht doch!“ Eben. Geht doch.
In den rund 60 Autominuten, die die beiden Orte von einander trennen, mögen sich die Meggerdorfer bei der Anfahrt noch ausgerechnet haben, wo sie in der Tabelle stehen würden, wenn sie als Sieger zurück an die Sorge fahren. Nach der Begegnung fuhren sie mit Sorgen (das muss jetzt sein!) zurück in die Heimat. 1:5 – „Richtungweisend“ funktioniert halt nach oben und nach unten.

Zum Spiel.

Nee, noch nicht ganz. Manch ein Spieler hatte die Hinweise bezüglich der Vorbereitung auf das Schuby-Spiel wohl schon als Warnsignal verstanden. Zu Recht. Mal ehrlich, da geht’s zwar gegen den Liga-Absteiger, aber ist das ein Grund, sich die Hosen voll zu machen? Ja? Okay, wer’s meint… Deshalb ging es also am Vorabend in die Disco? Die Hucke voll saufen? Damit’s beim „die-Hosen-voll-machen“ nicht zu Verstopfungen kommt? Uuuaaaahhh. Bei dem Gedanken schüttelt’s mich, da krieg ich Ganzkörper-Herpes.
Vielleicht ja nicht nur ich. Denn, wie gesagt, Disco wurde gemieden. An diesem Wochenende. Bevor man allerdings am Samstagabend auf der „Wetten, dass …?“-Couch Platz nimmt, dann doch lieber Koppelheck. Koppelheck ist schließlich keine Disco. Keine richtige. Vorbereitung nach Art des Hauses „Süder Zwo“. Man, Jungs …!

Erfolg macht sexy. Immer. Überall. So ein (erwähntes) 1:1 ist ein Erfolg. Da möchte man gern dabei sein. Dabei gewesen sein. Dazu gehören. Teil der Mannschaft sein. Sexy sein! Vielleicht war das der Grund, dass Erfolgscoach Andreas Bendixen einigen Spieler absagen musste. 20 Spieler sind des Guten denn doch einige zu viel.

Jetzt aber – zum Spiel.
Es begann für die Hausherren mit guten Kombinationen, die in der Anfangsphase aber leider nicht zum gewünschten Torerfolg führten. Zum Glück war aber McGoal (Kappelns Mcdonalds-Mitarbeiter des Jahrhunderts) im Team. Christoph Heesch, der in diesem Spiel endlich mal (wieder) seinen Killerinstinkt zeigte und durch zwei gekonnte Sololäufe sowohl das 1:0 als auch das 2:0 erzielte. Das gab dem TSV-Spiel nach hinten Sicherheit. Blöd nur, dass „Sicherheit’s“ kleine Schwester „Nachlässigkeit“ heißt. Denn nach vorn erlaubte man sich, plötzlich, auch die besten Chancen nicht zu nutzen. Es braucht dann schon ein Herz wie das von Philipp Wergin, um ein Zeichen zu setzen. Aus 35-Meter-73 holt er mal eben hinter seinem Ohr aus und haut „das Ding“ rein – 3:0. Noch Fragen?

Ja, na klar gibt’s noch Fragen. Zum Beispiel diese. Was machst Du, wenn Du 3:0 führst, Dir aber beim besten Willen nicht sicher sein kannst, das Spiel bereits gewonnen zu haben und der Gegner einen Elfmeter zugesprochen bekommt? Was machst Du?
Nun, Du könnstest dieses oder jenes tun. Hier und da … was auch immer. Du könnstest aber auch auf die Jugend bauen. Auf Martin Steuck zum Beispiel. Clerasil im Spind und das Herz eines Löwen in der Brust, ist der gerade erst aus der A Jugend raus. Martin Steuck, genannt Minimi. Warum Minimi? Naja, liegt wohl an der Körpergröße. Bin mir nicht sicher, ob er ohne Kindersitz Auto fahren darf…! Minimi - kleiner Mann ganz groß. Er erlebt gegen Meggerdorf wohl einen seiner ersten fußballerischen Höhepunkte in seiner noch jungen Senioren-Laufbahn.
Durch ungeschicktes TSV-Verhalten kommt es zum Strafstoß für die Gäste. Kurz vor der Ausführung zeigt Thomas Reimer seine ganze Routine und verunsichert den Schützen. Wie der Wortlauf im Einzelnen war ist nicht überliefert. Aber, wer Reimer kennt, so hat der den Schützen wohl nicht unbedingt zum Bier bei Zato eingeladen.
Der so Verunsicherte läuft an und - Minimi hält! Entsetzen hier, unbeschreiblicher Jubel da und mitttendrin ein Spielverderber. Der Schiedsrichter will gesehen haben, das der kleine Mann zu früh von der Linie weg ist. Entsetzen hier, aufatmen da. Zu früh von der Linie weg? Blödsinn, eingeatmet hat er. Nichts weiter. Also heißt es das Ganze nochmal. Das Ganze wohlgemerkt. So ließ sich denn auch Thomas nicht zweimal bitten und flüstert seine Beschwörungsformel in Richtung des Schützen. Wieder läuft dieser an. Schießt. Und - Titan MARTIN STEUCK hält erneut! Sensationell! Aufatmen.

Zweite Hälfte.

Die Meggerer (upps) kommen viel, viel besser ins Spiel. Vielleicht auch deshalb, weil man sie spielen lässt. Einer unserer Abwehrspieler hatte plötzlich das unerklärliche Bedürfnis, den bis dahin Schwächeren zu helfen und bereitete den Anschlußtreffer mit unglaublicher Eleganz vor. Es soll hier aber niemand mies gemacht werden, deshalb werden an dieser Stelle keine Namen genannt. Auch nicht der von Oli Haman.
Die beste Performance zeigt allerdings Nils Bahnsen. Nille bestätigt seine Form und zeigt nicht nur hinten sein Zerstörer-Talent. Er nimmt aktiv am Offensiv-Spiel teil. Durch eine lange Flanke auf Jan „Horst“ Stahr, der den Ball direkt auf Clausen ablegt, leitet er das 4:1 ein. Alles in allem kann man getrost festhalten, dass Nils an diesem Tag über 90 Minuten der stärkste Mann auf dem Platz war. „Weiter so“, mag da nicht nur sein Trainer denken.

So, das war’s eigentlich. Bis auf …

… bis auf das letzte Tor. Das 5:1. Es war die Geburtsstunde eines neuen Sterns am Fußball-Firmament. Künftig sollte folgender Refrain durchs Süderbraruper Stadion hallen: (Solostimme)„ … einen Stern, der Deinen Namen trägt - (und dann alle) KALLE, KALLE, KALLE!“ Unglaublich, was dieser Kerl zu zeigen imstande ist.

Kalle. Bürgerlich Mathias Kaminsky.
Kalle ging die ganz harte Tour, um ins Team zu kommen.
Vor einer gefühlten Ewigkeit fand er den Weg zum TSV. Er traf in Sachen Süder II auf eine eingeschworene Gemeinschaft (sieht man mal von ängstlichen Kapriolen wie gegen Schuby ab). Menschlich und sportlich hatte er nicht den einfachsten Stand. Aber - mit Ausdauer, Willen und der besonderen Gabe oft hinzufallen (natürlich auch wieder aufzustehen) gelang es ihm nicht nur, sich in die Mannschaft zu spielen, sondern auch in die Herzen seiner Kameraden.
Kalle.
Irgendwie hat er immer gute Laune, immer einen lockeren Spruch auf den Lippen und ganz sicher ist ihm nichts peinlich. Zum Beispiel die eigene Aussage, dass er professioneller FiFA-Spieler sei, worauf sich auch sein enormes theoretisches Fachwissen gründe. Die Realität lehrt ihn zwar immer wieder den Unterschied zwischen Können auf dem Platz und der Playstation, zu berühren scheint es ihn aber nicht.
Kalle also.
Er wird in der 70. Minute eingewechselt und bekommt den Ball an der Ecke des Strafraums. Was dann passiert, das hätte Hollywood aus dramaturgischen Gründen in Zeitluppe verpackt. Tausend Trainings-Einheiten auf der Playstation zum Dank, nimmt Kalle den Ball „gekonnt“ mit, guckt den Torwart aus und schiebt ihn ganz trocken zu seinem allerersten Tor überhaupt ins Netz.
Kalle.
Es war nicht wichtig, dieses Tor. Nicht für die Begegnung. Nicht fürs „End“-Resultat. Nein, das war es ganz gewiss nicht. Aber es war das Tor, das von Spielern, Zuschauern und natürlich von Kalle selbst am meisten gefeierte wurde.
Kalle – Erfolg macht sexy. Jan Stahr/Ralf Möller-Dietz